STIGMATISATION
(stigma [stigma]
= Stich, Mal, Zeichen; Stigmatisation in der Antike die Kennzeichnung [Brandmarkung]
der Sklaven)
Religiöse Stigmatisation vulgo „Träger der Wundmale CHRISTI“
primär: Römisch-katholische
Kirche
sekundär: Anglikan. Kirche,
Methodisten, Sekten
(Evang. Kirche A.B. – bloss zwei Spezialfälle)
Fragliche Analoga im Islam
Dies ist eine andere – und
in unserer säkularisierten Gegenwart eher im Vordergrund stehende
– begriffliche Verwendung des Wortes „Stigmatisation“, nämlich Kennzeichnung
und in der Folge Ausgrenzung von Menschen oder gesellschaftlichen Gruppen
aufgrund äußerer Merkmale.
Das Wort „Stigmatisation“ ist demnach
jeweils kontextabhängig zu verstehen.
Anmerkung:
Diese
Seite beschäftigt sich ausschließlich mit der Stigmatisation
im religiösen Sinn.
B I B E L
Lk 22,44
Und er [Jesus in Gethsemane (Ölberg)] betete in seiner Angst noch
inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die
Erde tropfte.
Joh 19,1 Darauf ließ Pilatus
Jesus geißeln. 2 Die Soldaten flochten einen Kranz aus
Dornen; den setzten sie ihm auf … (vgl. Mt 27,29; Mk 15,15.17)
Joh 19,18 Dort [Golgotha] kreuzigten
sie ihn … (vgl. Mt 27,35; Mk 15,24; Lk 23,33)
Kol 1,24 Jetzt freue ich [Paulus] mich
in den Leiden … ergänze … in meinem irdischen Leben, was
an den Leiden Christi noch fehlt.
1 Petr 4,13 … freut euch, dass ihr
Anteil
an den Leiden Christi habt …
ECKDATEN ZUR STIGMATISATION
Anzahl der Stigmatisierten:
„Innere“ Stigmatisation: über
300 (IMBERT-GOURBEYRE, 1894: 321) Fälle
Stigmatisation im eigentlichen Sinn
(sichtbare Wundmale): weniger als 100 Fälle
SCHLEYER, 1948: 66 Fälle
Kanonisiert: insgesamt 13 Stigmatisierte
(zuletzt P. Pio), weitere Heiligsprechungen eingeleitet;
P. Pio ist der einzige stigmatisierte
Priester
Männliche Stigmatisierte:
nur ca. 15, incl. dubioser Fälle
Die Zahlenangaben
weisen eine große Schwankung zwischen den einzelnen Autoren auf.
Primär ist dabei die Frage, wer von den Genannten war äußerlich
sichtbar, also im strenge Sinne, stigmatisiert, wer war vielleicht nur
"innerlich stigmatisiert" (subjektive Schmerzempfindung an den betreffenden
Stellen ohne äußere Sichtbarkeit) bzw. stand bloss im
Rufe, es gewesen zu sein, wem hat man das zugeschrieben, ohne dass es historisch
erhärtet ist …
Die von Schleyer angeführten
Zahlen, die freilich aufgrund der seither vergangenen fünf Jahrzehnte
zu aktualisieren sind, stellen sozusagen "Minimalangaben" bei der Anwendung
strengster Kriterien dar; in der "beschaulichen" Literatur des Katholizismus
finden sich vielfach auch weit höhere Zahlen, die aber wissenschaftlich
recht fragwürdig sind.
Frühe Fälle von Stigmatisation:
Hl. PAULUS („Innere“ Stigmatisation:
„Ich trage die Wundmale Christi in mir“)
Prä-franziskanische Stigmatisierte:
Ozanne von VOUZY (vor 920)
Lutgardis von TONGEREN (1182–1246;
Phänomene um 1210)
Hl. Franziskus von ASSISI (1181/82–1226,
Stigmatisation 1224)
Elisabeth von ERKENRODE (um 1250)
STIGMATISATIONSSYNDROM
Stigmata
(Hand-,
Fuß-, Seitenwunde, Stirn, tlw. auch Schulter, Knie, Geißelwunden):
Ideoplastische Bildungen vs. Veränderungen,
Umgestaltungen im Laufe der Zeit
Substanzgewinn („Nagelkopf“ aus Körpersubstanz
gebildet) vs. Substanzverlust ("Loch" in der Hand)
Stigmata heilen weder ab, noch fallen
sie Infektionen/Entzündungen anheim
Blutungen: blutige Vesikationen, Blutschwitzen,
Blutweinen (letzteres ohne biblische Vorbilder!)
Weitere Charakteristika:
langjährige Krankheitsgeschichte
- oft mit "wunderbaren" Heilungen - vor dem Manifestwerden der Stigmatisation
etc.
Veränderte Bewusstseinszustände,
Ekstasen mit Visionen / Auditionen (Passion, Liturgie)
„Psychische Energie“ wird – statt z.
B. in Sexualität – in die Krankheit und Heiligkeit investiert …
Hysterie,
Somatisation …
Insbesondere die Handstigmata
(jeweils in der Mitte des Handrückens bzw. Handtellers) befinden sich
an Stellen, die aus
anatomischer
Sicht „unrichtig“ sind, da eine Annagelung
an diesen Stellen nicht imstande wäre, das Körpergewicht zu tragen.
Hingegen kann eine Beziehung zwischen der Ausbildung der Stigmata einer(-es)
bestimmten Stigmatisierten und den Stellen der Nagelung an jenem Kruzifix,
das er/sie für seine/ihre Andachtsübungen verwendet, nachgewiesen
werden. Das allein ist ein schlagendes Indiz für die psychogene Verursachung
der Stigmatisation.
Der Vorgang der Ideoplastie (eine bewußte
oder auch unbewußte Idee erringt einen formgebenden Einfluss auf
Teile des Organismus), der bei den Stigmatisierten zur Herausbildung und
Aufrechterhaltung der Wundmale führt, wird auch in anderen Situationen
wirksam, z.B. bei den bekannten „hypnotischen Brandblasen“, der eingebildeten
Schwangerschaft oder anderen psychogen bedingten organischen Veränderungen.
*) Dieser
Gebrauch des Wortes "Stigma" geht auf den kanadisch-amerikanischen Soziologen
Erving GOFFMAN (1922-1982) und sein 1963 erschienenes Buch "Stigma: Notes
on the Management of Spoiled Identity" (Prentice-Hall) zurück. nach
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Hinweis:
Im Rahmen meiner Vortragsreihe „Ausgewählte Kapitel der Parapsychologie“ an der Wiener URANIA habe ich
gelegentlich immer wieder den Vortrag „STIGMATISATION
– TRÄGER DER WUNDMALE CHRISTI“ gehalten.