POSITIONSPAPIER* ZUR PODIUMSDISKUSSION VOM 29. JULI 1999:
Schwarze Sonne:
Sonnenfinsternis & Prophezeiungen
Peter MULACZ
*) auch post festum von zeitloser Relevanz!
Während eine Sonnenfinsternis an sich ein bloßes Naturereignis ist nota bene ein Naturereignis, das periodisch wiederkehrt und dessen Wiederkehr bereits die Hochkulturen der Antike zu berechnen wußten, und weiters ein Naturereignis, bei welchem die optischen Verhältnisse wirklich leicht erfaßbar sind scheint es auch in unserer hochtechnisierten, rationalen Gesellschaft eine gar nicht so kleine Gruppe von Menschen zu geben, die nach wie vor Irrationalismen eines magischen Denkens anheimfallen und angesichts der bevorstehenden Sonnenfinsternis von verschiedenen Befürchtungen und Ängsten erfaßt werden, wobei sich viele dieser angstvollen Vorstellungen in gewissen "Prophezeiungen" bereits artikuliert finden. Obwohl diese Ängste sachlich nicht begründet sind, gilt es, sich damit auseinanderzusetzen, erstens als psychologisches Problem ("was sind die zugrundeliegenden psychologischen Strukturen, die Menschen in Irrationalismen flüchten läßt?") und zweitens als humanitärer Auftrag, um den Betroffenen bei der Bewältigung dieser Situation zu helfen.
Es zeigt sich hier ein magisches Denken, das der Verdunklung der Sonne einen (Vor-)Zeichencharakter zuschreibt, sie als Omen betrachtet; der Glaube an Omina und der Glaube an Prophezeiungen sind miteinander verwandt (das Omen als eine "Prophezeiung der Natur" betrachtet).
Dabei ist die Problemstellung, was man vernünftigerweise von Prophezeiungen halten sollte, stets die gleiche, sei es, daß diese Problematik nun konkret an der bevorstehenden Sonnenfinsternis aufgehängt wird oder etwa an der nicht allzuweit entfernten Jahrtausendwende oder auch, ohne Datumsfixierung, an (angeblichen) Botschaften von FATIMA oder MEDJUGORIE.
Bei den in Rede stehenden Prophezeiungen ist aber zunächst nicht die Parapsychologie gefordert, sondern die Volkskunde (Erzählforschung) sowie die Germanistik (Motivstudien); dann erweist sich nämlich die mythenartige Struktur der Prophezeiungen, die immer weiter tradiert werden, dabei modifiziert, korrigiert, den neuen Verhältnissen und mittlerweile erfolgten Entwicklungen angepaßt werden. Ein Experte auf diesem Gebiet hat es sogar so ausgedrückt: es gibt gar nicht viele verschiedene Prophezeiungen, es gibt nur eine 'Große Prophezeiung' durch die Jahrhunderte hindurch.
Wenn die Endzeitszenarien, die von den "Sehern" mit viel Liebe zum Detail (Vorzeichen, Dritter Weltkrieg, Entscheidungsschlacht, Friedensfürst, etc.) entwickelt werden, als das erkannt sind, was sie wirklich sind, nämlich als bloße Mythen als den Mythen von der Weltschöpfung kontrapunktisch entgegengestellte Mythen vom Untergang der Welt (oder zumindest unserer Welt) , dann besteht auch kein Anlaß, diese Prophezeiungen ernst zu nehmen oder sich gar vor den vorausgesagten Ereignissen zu fürchten.
Ganz anders als diese Art von "Prophezeiungen" stellt sich
die Erforschung der sogenannten Präkognition im Rahmen der Parapsychologie
dar, also von Vorauswissen oder Vorausahnen im Sinne Außersinnlicher Erfahrung.
Hier gibt es verschiedene Zugänge, insbesondere das vergleichende Studium von
Spontanfällen und das Laboratoriumsexperiment. Dabei sehen wir insbesondere in Fällen
spontaner Präkognition, wie sie häufig in Träumen auftritt, ein Antizipieren
zukünftiger Lebenssituationen des Erlebenden selbst oder seiner unmittelbaren Umgebung,
nicht jedoch ein Erfassen großer, allenfalls weltumspannender Zusammenhänge. Deutlich
wird das vor allem im Zusammenhang von Kriegsvoraussagen, z.B. vor dem Zweiten Weltkrieg,
die wir metaphorisch als Mosaiksteinchen bezeichnen können, welche jeweils korrekt in das
Gesamtbild passen, jedoch umgekehrt aus dem einzelnen Steinchen keinerlei Schluß auf das
Gesamtbild erlauben.
Der niederländische Parapsychologe TENHAEFF
drückt das wie folgt aus: "Das Weltgeschehen spiegelt sich im Schicksal des
Einzelnen". Dieses Material hat also sowohl einen anderen Charakter wie auch
einen anderen Anspruch als jene "Prophezeiungen", die nunmehr in Zeiten von
Sonnenfinsternis und Millennium so wohlfeil geworden sind.
© Peter MULACZ
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Das Unheil aus den Sternen? ... Schreckensprophezeiungen für 1999
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